Im Dazwischen liegt die Wahrheit – ein Photohike zwischen Schuld und Stille
- Lars-Henrik Roth
- 13. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Nov.
Von Lars-Henrik Roth
Es war einer dieser Morgen, an denen man sich fragt, ob es sich lohnt, aufzubrechen. Die Prognosen waren grau. Kein klarer Himmel, kein Sonnenaufgang. Nur diffuse Bewölkung, vielleicht ein bisschen Nebel. Und doch war da ein leiser Widerstand in mir gegen das Zuhausebleiben. Ein Gefühl, dass sich gerade in solchen Zwischenzuständen manchmal Bilder zeigen, die man sonst übersieht.
Ich ging früh los. Nicht euphorisch, sondern wachsam. Die Kamera griffbereit, die Erwartungen niedrig – und vielleicht gerade deshalb offen für das, was wirklich da war.

Und tatsächlich: Zwischen zwei Feldern brach für einen Moment Licht durch die Wolken. Ein einzelner Halm leuchtete auf, als wäre er auserwählt. Minuten später: ein steinernes Türmchen auf einer Kuppe, das plötzlich Gestalt annahm, kaum dass ich angekommen war – und wieder verblasste, als hätte es nur auf diesen einen Moment gewartet.
Die Landschaft schwieg. Sie war nicht spektakulär. Aber sie hatte etwas zu sagen.
Zwischentöne statt Postkarten
Die Tour folgt in weiten Teilen dem Rundweg Nr. 6 bei Schuld – einer Region, die sich langsam, tastend erholt. Die Flut von 2021 liegt Jahre zurück, und doch erzählt jeder umgestürzte Baum, jede Brücke, jeder leere Spielplatz noch davon. Die Natur ist zurückgekehrt. Kraftvoll, selbstvergessen, manchmal fast trotzig. Die Menschen und die Infrastruktur brauchen länger.
Ich sah keine dramatischen Kulissen. Aber ich sah: ein Mohn im Geröll. Moos, das sich über nackte Steine legte. Nebel, der im Wald hängen blieb. Und Schatten, die sich wie Erinnerungen in die Landschaft legten.
Das Prümer Tor – eine stille Bühne
Der Moment des Tages kam am Prümer Tor – einem Schiefervorsprung, der wie ein aufgeschlagenes Buch am Hang liegt. Kein spektakulärer Ort. Kein „Instagram-Spot“. Aber mit Tiefe, wenn man hinschaut.
Ich legte mich fast auf den Boden, ließ das Objektiv dicht ans Wasser heran. Der CPL-Filter nahm die Spiegelung, gab Klarheit frei. Im Vordergrund: eine einzelne Blume. Dahinter das Tor. Keine große Geschichte – aber eine stille Szene, die bleibt.
📸 Fototipps zur Tour im Ahrtal
Diese Runde lebt nicht von Postkartenmotiven – sondern von Momenten, die man nur sieht, wenn man langsam geht:
Früh losgehen, auch bei bewölktem Himmel: Nebel, Bodendunst und Streiflicht machen den Unterschied
Mit Offenblende (f/4) arbeiten, um Tiefe im Vordergrund zu schaffen, gerade bei Motiven wie dem Mohn oder den Moosen
CPL-Filter nicht vergessen: Er wirkt hier fast magisch – auf Wasser, Steine, Blattwerk
Das Prümer Tor fotografiert man am besten vom Boden aus, mit ruhigem Bildaufbau und starker Nah-Fern-Struktur
Der Abstecher zur Spicher Ley lohnt bei Sonne – dort kann ein Panorama mit Layering entstehen
Verzicht auf Tele: Die Motive sind nah, das Licht flach – besser mit Weitwinkel denken
Ein Schritt nach dem anderen
Ich war allein auf dem Weg. Keine Tiere am Damwildgehege. Keine Motive in Winnerath. Die Luft wurde schwül. Ich sprach kurz mit einem Einheimischen, der mir sagte, wie lange sie dort schon auf den Wiederaufbau warteten. Und ich dachte: Vielleicht geht es in solchen Tälern nicht um das, was kommt – sondern um das, was bleibt.
Die Spicher Ley, ein kleiner Abzweig zum Schluss, wurde zum versöhnlichen Finale. Die Sonne brach durch, kurz, als ich mich setzte. Ich aß mein Frühstück mit Blick auf das Tal – auf Schuld, auf Stille, auf das, was sich nicht fotografieren lässt.
Was bleibt
Ich kam mit wenigen Bildern zurück. Nur zwanzig Aufnahmen habe ich behalten. Aber es sind starke, dichte Bilder. Keine, die laut sind. Keine, die schreien. Aber solche, die man sich länger anschaut, weil sie nicht alles verraten.
Dieser Photohike war leise. Und genau deshalb wertvoll.
Mehr zur Wanderfotografie, zur Technik unterwegs und zu unseren Touren gibt’s hier auf www.photohikers.de. Viel Spaß beim Stöbern

























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