Gate of Light – Photohike Saffenburg
- Lars-Henrik Roth
- 25. Okt.
- 4 Min. Lesezeit
Ein grauer Herbstmorgen im Ahrtal, kein Licht in Aussicht – und doch geschah das Unmögliche. Auf dem Weg über die Saffenburg öffnete sich für einen Moment der Himmel. Ein Photohike über Zweifel, Geduld und das Geschenk des richtigen Lichts. | von Lars-Henrik Roth
Wenn alle Daten dagegensprechen
Manchmal scheint schon am Abend zuvor alles entschieden. Die Wetterkarten sprachen eine klare Sprache: geschlossene Wolkendecke, kein Nebel, keine Himmelsröte, keine Struktur. Ein Tag ohne Licht, ohne Spannung, ohne Grund, früh aufzustehen.
Und trotzdem – etwas in mir widersprach. Vielleicht war es Hoffnung, vielleicht Trotz. Oder dieser eigenartige Instinkt, den man als Wanderfotograf entwickelt, wenn man oft genug erlebt hat, dass Prognosen trügen können. Also packte ich am späten Abend die Kamera, legte Akkus und Speicherkarten zurecht, bereitete alles so vor, als wäre es ein klarer, goldener Herbstmorgen. Die Routine gibt Ruhe, auch wenn das Ziel ungewiss ist.
Am nächsten Morgen lag dichter Dunst über der Autobahn. Nichts sprach dafür, dass sich dieser Tag lohnen würde. Aber ich fuhr weiter – nach Mayschoß, hinein ins Ahrtal. Ein schmaler, vertrauter Fluss, der so viele Geschichten trägt.

Der Start im Dunkel
Der Parkplatz war überfüllt. Wohnmobile, Händler, die Weinfeste, die Saison. Ich fand keinen Platz, also lenkte ich den Wagen ein Stück hinauf, auf einen Feldweg, der eigentlich für Traktoren gedacht ist.
Als ich ausstieg, umfing mich die fröstelnde Kühle des Morgens. Und da lag sie: Die Saffenburg, halb im Dunkel, halb im Licht künstlicher Beleuchtung. Ein stilles Bühnenbild, gezeichnet aus Schatten, Mauern, Nebelrest. Ich nahm es als Zeichen.
Oben auf der Ruine war es still. Nur das ferne Rauschen der Ahr, ein paar Krähenrufe. Ich war zu früh und genau richtig. Das Licht war noch nicht da, aber es begann bereits, den Himmel zu erahnen.
Schichten aus Dunst und Farbe
Mit den ersten Minuten des Dämmerns veränderte sich die Landschaft. Der Nebel blieb nicht flächig, sondern staffelte sich in feinen Schichten. Die fernen Hügel lagen wie Aquarelle übereinander – bläulich, grau, zartgelb.
Die Kamera zeigte, was das Auge nur fühlte: Layer, Linien, Übergänge. Das Licht war weich und geduldig. Nichts wollte beeindrucken – alles wollte bleiben. Dann, ganz allmählich, erwachte der Herbst. Die Rebstöcke begannen zu leuchten, jede Sorte in einer anderen Phase der Laubfärbung. Ein Meer aus Farbtönen: Grün, Ocker, Kupfer, Rot. Die Landschaft wirkte, als hätte jemand alle Farben der Vergänglichkeit gemischt.
Ich stand da, atmete, suchte, wartete. Das Fotografieren war hier kein Akt des Machens, sondern des Wahrnehmens.
Zwischen Stille und Erinnerung
Der Weg führte weiter hinab nach Rech. Hier ist das Ahrtal nicht nur schön – es ist verletzlich. Die Flut hat Wunden hinterlassen, die nicht mehr übersehen werden können. Eingestürzte Mauern, freigelegte Fundamente, Lücken, wo einst Häuser standen.
Und doch: überall Spuren des Lebens. Baumaschinen, Menschen, neue Dächer, junge Rebstöcke. Das Tal kämpft sich zurück, Schicht für Schicht, wie die Natur selbst.
Ich blieb an der Stelle stehen, an der einst die jahrtausendalte Nepomukbrücke war. Nur wer sie kannte, erkennt noch, wo sie stand. Der Rest ist Erinnerung – und Lehre zugleich: Auch Schönheit hat ihre Bruchkanten.
Auf der anderen Seite
Ich überquerte die Ahr und wanderte langsam zurück, nun auf der Sonnenseite – wenn man sie so nennen konnte. Das Licht blieb diffus, die Luft schwer, doch etwas hatte sich verändert.
Es war nicht mehr nur grauer Hochnebel, sondern eine gespannte Ruhe, als halte die Landschaft den Atem an. Über den Weinbergen war ein heller Schimmer zu erkennen. Die Sonne war irgendwo da – unsichtbar, aber spürbar.
Das Gate of Light
Dann geschah es. Zuerst nur ein feiner Riss in der Wolkendecke, so schmal, dass man ihn fast übersehen hätte. Doch dahinter begann etwas zu leuchten.
Ein goldener Schein, matt, tastend, dann plötzlich entschieden. Ein Lichtstrahl brach durch und fiel direkt auf die Burg. Die Saffenburg, die eben noch im Dunst verschwunden war, stand nun wie erleuchtet – ein Tor aus Licht.
Nur wenige Minuten dauerte dieser Moment. Ich stand still, hielt die Kamera, und wusste, dass dies der Grund war, warum ich losgegangen war. Nicht die Bilder, sondern die Erfahrung. Dieses Geschenk, das man nicht erzwingen kann.
Dann schloss sich der Himmel wieder. Die Sonne verschwand, der Nebel kehrte zurück. Aber die Szene blieb – innen.

Der Rückweg
Der Rückweg war lauter. Touristen, Stimmen, Weinwanderer mit Gläsern um den Hals. Manche schon heiter, manche aufgeregt. Leben, laut und unbeschwert.
Ich musste lächeln. Es war ein seltsamer Kontrast – die Stille des Morgens und das Lachen des Tages. Beides gehört hierher.
Für mich war der Hike längst vorbei, denn das Licht hatte seinen Auftritt gehabt. Ich packte die Kamera ein, ging langsamer, und dachte an all die Momente, in denen man zweifelt – und doch losgeht.
Denn manchmal öffnet sich das Gate of Light erst, wenn man längst aufgehört hat, darauf zu hoffen.
📷 Tipps für deinen eigenen Photohike
Startpunkt: Parkplatz oberhalb von Mayschoß (alternativ Rech, falls belegt).
Beste Zeit: Frühherbst, kurz nach Sonnenaufgang – diffuse Lichtstimmungen sind hier oft ergiebiger als klare Himmel.
Route: Saffenburg – Rech – Mayschoß, Rundweg ca. 12 km.
Motivschwerpunkte: Burgruine, Rebhänge, Layer im Dämmerlicht, Farbkontraste der Rebsorten, Strukturen im Dunst.
Ausrüstung: Hauptkamera mit Weitwinkel und leichtem Tele. Stativ optional – viele Motive leben vom Handgefühl.
Fototipp: Auch ohne Sonne ist das Licht im Ahrtal vielschichtig – spiele mit Staffelungen, Strukturen und Übergängen im Dunst.
Tipp fürs Timing: Wenn VIEWFINDR diffuse Bedeckung und schwache thermische Aktivität zeigt, lohnt es sich – die Mikroöffnungen im Hochnebel sind oft nur Minuten sichtbar.
🏆 Bewertung Photohike Saffenburg (Mayschoß, Ahrtal)
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